Über Hürden im Alltag helfen

Im eigenen Haushalt bleiben können, auch wenn Alter oder Gesundheit das erschweren – das wünschen sich viele. Oft belasten schon vermeintliche Kleinigkeiten. Putzen und kochen fällt schwer, Einkauf oder Arztbesuche sind alleine nicht zu schaffen. Es gibt Unterstützung: von Unternehmen, Pflegediensten und Ehrenamtlichen. Doch die Nachfrage ist sehr groß – und viele wissen nicht, wohin sie sich wenden sollen.
Von Ulrike Minor

Schifferstadt. Menschen mit Pflegegrad eins bis fünf, die zu Hause gepflegt und versorgt werden, steht ein Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro im Monat zu. Anspruchsgrundlage ist Paragraf 45b des Sozialgesetzbuchs. Der Betrag wird von der Pflegekasse für eine Betreuung des Pflegebedürftigen und seine hauswirtschaftliche Versorgung gezahlt. Das wissen viele Betroffene nicht, ist die Erfahrung der Experten.

Die PflegediensteVon Wartelisten berichtet Britta Schwarz, Pflegeberaterin beim Pflegestützpunkt Limburgerhof, der für die Gemeinden Altrip, Limburgerhof, Mutterstadt, Neuhofen, Otterstadt und Waldsee zuständig ist. Pflegestützpunkte beraten kostenlos und anbieterneutral. Die ambulanten Pflegedienste bieten zwar auch hauswirtschaftliche Dienste nach dem Motto „Hilfe aus einer Hand“, sagt sie, „aber sie sind eben mit der Pflege stark ausgelastet“, das sei das Kerngeschäft. Arbeit gebe es aber genug, und sie sei froh um jeden Anbieter, an den sie Hilfesuchende verweisen könne. Durch die neue Gesetzeslage können auch hauswirtschaftliche Unternehmen mit der Pflegekasse abrechnen – diese müssen allerdings von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion dafür zugelassen sein. „Das ist für die Menschen nur schwer durchschaubar“, sagt Britta Schwarz. Auch die Sozialstationen übernehmen neben der Pflege hauswirtschaftliche Versorgung und mobile Dienste. Doch der Bedarf übersteigt oftmals das, was diese Einrichtungen übernehmen können. Denn Senioren müssen nicht erst pflegebedürftig sein – die Lasten des Alltags können letztlich auch so schon zu beschwerlich werden.

„Die hauswirtschaftliche Versorgung wird sehr stark nachgefragt“, bestätigt Angela Glaser, Pflegedienstleiterin der Ökumenischen Sozialstation Schifferstadt. Es gebe auch bei ihrer Einrichtung eine Warteliste für diese Dienstleistung, „wir können nicht alle versorgen“. Acht Hauswirtschaftskräfte arbeiten für die Schifferstadter Sozialstation, gegenüber rund 35 Pflegekräften, sagt sie.

Der DienstleisterDas bemängelt auch Steffen Hoock. Er hat im Jahr 2018 in Schifferstadt ein solches Unternehmen gegründet, den Hilfedienst Rhein-Pfalz. „Aus einer sehr persönlichen Erfahrung heraus“, wie der 45-Jährige sagt. Denn seine eigene Mutter in Nordbaden brauchte mehr und mehr Hilfe, Begleitung im Alltag, Unterstützung im Haushalt. Der Schauernheimer, studierter Betriebswirt und selbstständiger IT-Unternehmer, stellte fest, wie schwierig diese alltägliche Hilfe zu organisieren ist. „Wird ein Teil der Familie hilfe- oder pflegebedürftig, steht man schnell vor einer großen Herausforderung“, beschreibt es Hoock heute. Er gründete sein neues Unternehmen, einen landesrechtlich anerkannten Dienstleister. Und der Betrieb wachse rapide, „der Bedarf ist groß“.

„Es geht um Haushaltshilfe, Alltagsbegleitung und -betreuung“, beschreibt es Hoock – nicht um medizinische Pflege. Auch seine Erfahrung ist, dass viele nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen, oder dass sie Geld von der Pflegekasse erhalten können nach entsprechender Einstufung. „Und wir finden es als Dienstleister schade, dass Menschen die Hilfe und Unterstützung nicht bekommen, die ihnen das Leben leichter machen würde“, betont Hoock. Vom sozialen Kontakt einmal abgesehen. Denn für viele ältere, oft allein lebende Menschen sei die Haushaltshilfe oder eben die Pflegekraft auch so etwas wie eine „Brücke nach draußen“, ein Gesprächspartner.

Alltagsbegleitung – auch das gehört dazu. Fahrdienste zur Dialyse oder zur Untersuchung etwa. „Klar kann man mit dem Taxi fahren. Doch was nützt das, wenn man dann nicht alleine ins Krankenhaus laufen kann?“, fragt Hoock. Zusammen kochen, einkaufen oder auch einfach nur mal eine Glühbirne austauschen – es seien oftmals schon kleine Dinge, die helfen würden.

Der HandwerkerDiese Erkenntnis hat auch den Schifferstadter Matthias Bürgers bewogen, tätig zu werden – auf einer wiederum anderen Ebene. Auch bei ihm gaben eigene Erfahrungen mit den weiter weg wohnenden, betagten Eltern den Ausschlag. Da er weiß, dass es auch in seinem Wohnort Schifferstadt genug Menschen gibt, die Unterstützung brauchen, hat der 55-Jährige seine Idee entwickelt: „Helping Hand – des Bürgers helfende Hand“ nennt er seine Gründung – als Wortspiel mit seinem Namen. Er leistet unter anderem technische und handwerkliche Hilfe: kleine Reparaturen, den Fernseher einstellen, den Zaun reparieren oder Gardinen zum Waschen ab- und wieder aufhängen – es seien oft Kleinigkeiten, aber solche Handgriffe seien schon für viele ältere Menschen eine Erleichterung, betont Bürgers. Seine Vorstellung: Wenn die Leute das wünschen, können sie mitarbeiten, man schafft gemeinsam.

Matthias Bürgers macht dies nebenbei und als Einzelkämpfer. Er ist gelernter Elektriker, hat bei seinem Lehrherren – der damaligen Bundesbahn – dazu eine Schlosser-Grundausbildung absolvieren müssen („damals hat es mich geärgert, heute bin ich froh darüber“) und hat bei seinem Vater, einem Schreinermeister, auch viel über Holzarbeiten gelernt. Eine „helfende Hand“ eben – auch wenn es nur um vermeintliche Kleinigkeiten geht.

Die EhrenamtlichenSchon sehr lange gibt es Unterstützung im Alltag für Senioren in Schifferstadt auch auf ehrenamtlicher Basis: durch die ökumenische Nachbarschaftshilfe. Mit einer anderen Ausrichtung – keine Pflege und keine hauswirtschaftlichen Dienste, erläutert Doris Sellinger vom vierköpfigen Leitungsteam. „Wir kommen zu einsamen Menschen, auch einfach nur zum Erzählen“, sagt sie. Ein offenes Ohr haben, zuhören, sich austauschen gehöre dazu. Und man fährt zusammen zum Einkaufen, zum Friseur oder zu Behörden und Ärzten. „Wir sind da keine Konkurrenz zum Bürgerbus, wir sind sehr froh, dass es ihn jetzt gibt“, betont sie. Die Mitstreiter der Nachbarschaftshilfe würden aber dann auch mit in den Supermarkt oder aufs Amt gehen und die Menschen begleiten.

Die rund 40 ehrenamtlichen Helfer haben feste „Partner“, kümmern sich oft über Jahre um die gleiche Person. Sie verbringen auch Zeit mit ihnen, um beispielsweise pflegende Angehörige zu entlasten. Es ist eine sehr persönliche und kostenlose Unterstützung, für die noch weitere Mitstreiter gesucht werden: „Wir brauchend dringend weitere Ehrenamtliche,“ bekräftigt Doris Sellinger. Damit für noch mehr Senioren eben die Chancen wachsen, so lange wie möglich im eigenen Heim zu bleiben.

KONTAKT

– Pflegestützpunkt Limburgerhof, Ansprechpartner Ulrike Babelotzky, 06236/4290251, Elisabeth Schwarz, 06236/4290250 sowie Britta Schwarz, 06236/4290251. – Pflegestützpunkt Schifferstadt, Claudia Schoeneberger, 06235/4587565, Desiree Urban, 06235/4587 566, Barbara Vonderschmitt, 06235/4587565. – Pflegestützpunkt Böhl-Iggelheim, Manfred Krüger, 06231/939 4742, Elke Pohlmann, 06231/9394741. – Pflegestützpunkt Lambsheim, Mechthild Bopp-Mohrbacher, 06233/5790551, Clemens Dietz, 06233/5790552. – Hilfedienst Rhein-Pfalz, 06235/4462850. – Matthias Bürgers, 06235/9256250. – Ökumenische Nachbarschaftshilfe Schifferstadt, 06235/82751.

Wege zum Einkaufen oder zum Arzt können für Senioren ohne Begleitung schnell beschwerlich werden. Und Unterstützung bei Arbeiten im Haushalt wie putzen oder kochen erleichtern Senioren den Alltag. Die Nachfrage nach hauswirtschaftlichen Diensten und Alltagsbegleitung ist groß. Fotos: dpa